Bonding und neue Kalziumsilikat-Materialien: eine nachhaltige Verbindung?

Erfahren Sie, wie Sie mit der neuen Generation von Kalziumsilikat-Zementen die Herausforderungen der Kompositverklebung meistern.

Adhäsive Zahnmedizin: Starke (R)Evolution in den letzten Jahren

In den letzten 50 Jahren hat sich das Gesicht der restaurativen Zahnheilkunde völlig verändert. Durch zahlreiche Innovationen hat sich die Art und Weise, wie Zahnärzte die Zähne ihrer Patienten versorgen stetig weiterentwickelt.

Die erste große Veränderung war die Einführung von lichthärtenden Acrylatkompositen und den dazugehörigen Adhäsiven. In den Anfängen der adhäsiven Zahnmedizin war das Kleben eine ziemliche Herausforderung, und das Ergebnis war relativ unvorhersehbar.

Die Verklebung mit Schmelz, einem stark mineralisierten Substrat, erforderte einen längeren Kontakt mit stark ätzenden Produkten, den Ätzmitteln, um die Struktur des Schmelzes so zu verändern, dass die Verbindung effektiv und dauerhaft war.

Die dauerhafte Verbindung mit Dentin ist komplexer. Aufgrund seiner organischen Strukturbestandteile (Kollagen) würde der Ätzschritt eine noch größere Herausforderung für eine effektive Verbindung darstellen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass durch die Austrocknung des Dentins das Bonding als mäßig bis völlig unwirksam einzustufen ist.

Um ehrlich zu sein, waren diese Bonding-Verfahren für die Praktiker eine Herausforderung. Erstens war das Verfahren selbst sehr komplex: viele verschiedene Produkte, die in einer bestimmten Reihenfolge verwendet werden mussten (Ätzmittel, Primer, Mischen von Bonding A mit Bonding B), dazwischen Spülen, Lichthärtung und Trocknung – aber ohne Austrocknung -… Komplexität, längere Behandlungszeit, viele Flaschen, Bonding auf Dentin erforderte viel Motivation und Entschlossenheit!

Darüber hinaus konnten die Haftwerte völlig ungleichmäßig sein. Anfang der 2000er Jahre organisierte Prof. Degrange in Frankreich mehrere “Battles of Adhesion”, bei denen die Zahnärzte das Bonding auf extrahierten Zähnen durchführen und anschließend die Haftwerte messen konnten (1). Die Ergebnisse waren recht überraschend: Mit demselben Klebstoff und bei einem überwachten Verfahren konnten die Haftwerte von einem Zahnarzt zum anderen und bei demselben Zahnarzt von einem Zahn zum anderen variieren, was zeigte, dass die Wirksamkeit der Adhäsion auch vom Anwender abhing.

Dies war der Zeitpunkt, an dem die zweite große Veränderung eintrat: die Einführung von selbstätzenden Adhäsiven. Um die mit dem Ätzen des Dentins verbundenen Schwierigkeiten zu überwinden, wurde der Säuregehalt des Primers erhöht, wodurch das herkömmliche Ätzen mit Phosphorsäure für das Dentin überflüssig wurde. Dies war ein dentinfreundlicherer Ansatz. Zunächst waren die Haftwerte mit selbstätzenden Produkten nicht beeindruckend. Aber die Hersteller machten ihre Hausaufgaben und entwickelten immer effektivere selbstätzende Adhäsive mit einer geringeren Anzahl von Schritten und Flaschen.

Für das Bonding auf Schmelz war Total-Etch der richtige Weg, für das Bonding auf Dentin war Self-Etch der richtige Weg. Optimale Situation? Nicht ganz. Von den Haftvermittlern wurde mehr Einfachheit und Vielseitigkeit verlangt.

Die dritte große Veränderung fand vor einigen Jahren statt, als Universaladhäsive auf den Markt kamen. Nur eine Flasche, verwendbar mit oder ohne vorheriges Ätzen, je nachdem, auf welches Substrat geklebt werden soll; außerdem mit selektivem Ätzen, wenn eine Kavität sowohl Schmelz als auch Dentin zum Kleben umfasst.

Kalziumsilikate: Ein anderes Bonding-Substrat

Das klingt absolut perfekt, wenn man sich an Schmelz und Dentin hält. Aber wie verhält es sich mit anderen Substraten? Da Kompositkunststoffe aus biologischen Gründen nicht direkt auf oder in der Nähe der Pulpa platziert werden sollten, brachte Septodont 2010 einen hydraulischen Zement auf Kalziumsilikatbasis auf den Markt – Biodentine™, der sowohl mechanisch als auch biologisch gesundes Dentin nachahmt und damit das Konzept des Biobulkfill einführt.

Biodentine™ bietet eine Vielzahl von Vorteilen: Es setzt Kalziumionen und Kalziumhydroxid frei, die den pH-Wert anheben und so zur Remineralisierung des angrenzenden Dentins beitragen, während sie gleichzeitig die Entwicklung von Bakterien einschränken, da diese ein saures Milieu zum Wachstum benötigen. Studien haben gezeigt, dass Biodentine™ die Differenzierung von Stammzellen zu odontoblastenähnlichen Zellen auslöst, die tertiäres Dentin bilden; es kann entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen, was die klinische Beobachtung geringerer Schmerzen bei Patienten erklärt.

Da es sich um einen wasserbasierten Zement handelt, weist Biodentine™ keine Beschränkung der Aushärtungstiefe auf. Es kann eine sehr tiefe Kavität, z. B. eine vollständige Pulpotomie in einem Backenzahn, in nur einem einzigen Schritt füllen und ermöglicht daher ein schnelleres und tieferes Arbeiten, wobei die Pulpa vital erhalten bleibt. Daher das Biobulkfill-Konzept, das einen weiteren innovativen Durchbruch in der restaurativen Zahnmedizin darstellt: Biodentine wird von der Pulpa bis zum oberen Rand der Kavität eingebracht, egal wie tief sie ist.

Es stellt sich jedoch die Frage, wie man mit Biodentine™ dauerhafte Verbindungen erzeugt. Es enthält keine organischen Bestandteile, sondern besteht zu 100 % aus Mineralien. Sollte Biodentine™ also wie Zahnschmelz betrachtet und vollständig geätzt werden? Oder sollte es im Gegenteil als Dentin betrachtet werden – was der Anspruch von Biodentine™ ist – und selbst geätzt werden? Wie stellt man sicher, dass das Bonding effektiv ist? Sollten wir nur auf die Haftfestigkeitswerte achten? Da Biodentine™ einen hohen pH-Wert aufweist, wird es den sauren pH-Wert von Adhäsiven beeinträchtigen?

Viele Fragen, die zu stundenlanger Verwirrung, wenn nicht gar zu schlaflosen Nächten führen können!

In der Tat ist das Verkleben eines Kompositmaterials mit Biodentine™ recht einfach, wenn man sich über die chemischen Grundlagen im Klaren ist.

Die Zemente auf Kalziumsilikatbasis haben einen Aushärtungszyklus von etwa einem Monat. Nach einem Monat erreichen sie ihre endgültige Härte und können als 100 % mineralisches Material betrachtet werden, genau wie Zahnschmelz – nur mit einer anderen Härte und Verschleißfestigkeit. Unmittelbar nach dem Einsetzen in den Zahn befinden sie sich noch im Aushärtungsprozess, und es sollte darauf geachtet werden, dass nichts diesen Prozess stört oder hemmt; sie sollten daher als Dentin betrachtet werden und weniger säurehaltige Behandlungen erhalten.

Wenn Biodentine™ als Ersatz für beschädigtes Dentin in einer restaurativen Kavität verwendet wird, bietet es die Möglichkeit, die endgültige Kompositrestauration in der gleichen Sitzung oder in einer späteren Sitzung zu erhalten – wenn z. B. die Pulpa einige Wochen lang überwacht werden muss.

Wenn das endgültige Komposit in derselben Sitzung gelegt wird, ist ein selbstätzendes Adhäsiv vorzuziehen, da es weniger säurehaltig ist als ein Total-Etch-Adhäsiv und daher die korrekte Aushärtung von Biodentine™ nicht beeinträchtigt. Studien haben gezeigt, dass in diesem Fall die Haftkraft ähnlich hoch ist wie bei einem Glasionomerzement.

Wenn das endgültige Komposit in einer späteren Sitzung, zwischen 2 Wochen und 6 Monaten, mit Biodentine™ verbunden wird, kann entweder ein Self-Etch- oder ein Total-Etch-Verfahren durchgeführt werden.

Fazit

Aus klinischer Sicht ist der Bedarf an Biodentine™ in tiefen Kavitäten offensichtlich: Je näher an der Pulpa, desto mehr muss sie geschützt werden. Aber Biodentine™ ist kein passiver Schutz wie andere Dentalmaterialien. Es ist in hohem Maße biokompatibel mit der Pulpa, um deren natürliche Abwehrkräfte, d.h. tertiäres Dentin und Dentinbrücken (2), gegen bakterielle Angriffe zu erhalten.

Bei solch großen Kavitäten wird kariöses Gewebe entfernt, aber gesunder Schmelz und Dentin bleiben natürlich erhalten. Die Kavität, in die das Komposit eingebracht werden muss, besteht also aus einer Mischung aus Biodentine™, Dentin und Schmelz. Die Verwendung eines Universaladhäsivs mit selektiver Ätzung ist in diesem Fall ratsam!

Unabhängig davon, ob der Behandler beschließt, das endgültige Komposit in der gleichen Sitzung oder in einer späteren Sitzung anzubringen, ermöglicht das selektiv ätzende Adhäsiv, nur dort Ätzmittel zu verwenden, wo es erforderlich ist: im Schmelz. Dadurch wird die Haftkraft auf allen Substraten optimiert, die von Natur aus unterschiedlich sind.

Die Verwendung eines Komposits in einer tiefen Kavität, in der Biodentine™, Dentin und Schmelz vorhanden sind, wird eindeutig einfach, bequem und effektiv: Die Patienten werden schmerzfrei sein und sich noch mehr als zuvor über ihre schönen Restaurationen und ihr wiederhergestelltes Lächeln freuen!

Quellen

  1. ADDA, 12. Juli 2018

  2. Imad About, Biodentine: From biochemical and bioactive properties to clinical applications, 2016

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