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Praxismanagement
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Laut Europäischem Gerichtshof dürfen Mitgliedstaaten verbieten, dass sich institutionelle Investoren in Rechtsanwaltsgesellschaften einkaufen. Ist das Urteil auf MVZ übertragbar?
Berlin. Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) haben in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstag ihre langjährige Forderung nach einem Beteiligungsverbot institutioneller Investoren an zahnärztlichen MVZ erneuert. Laut einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), so die Verbände, hätte sich nun auch das „letzte Argument der Betreiber investorengetriebener zahnärztlicher MVZ erledigt“.
Der EuGH hatte kürzlich entschieden (Az.: C-295/23), dass es keinen Widerspruch zu EU-Recht darstellt, wenn Mitgliedstaaten eine Investorenbeteiligung an Rechtsanwaltsgesellschaften untersagen. Wörtlich heißt es, dass die Richtlinie 2006/123/EG „einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der es unzulässig ist, dass Geschäftsanteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf einen reinen Finanzinvestor übertragen werden, der nicht die Absicht hat, in der Gesellschaft eine in dieser Regelung bezeichnete berufliche Tätigkeit auszuüben“.
Kammer und KZBV schließen daraus, dass der EuGH auch „die von der Zahnärzteschaft wiederholt erhobene Forderung, den Schutz der Patientinnen und Patienten vor der Einflussnahme durch Finanzinvestoren gesetzlich sicherzustellen, stützt“. KZBV-Vorsitzender Martin Hendges: „Der Einwand mancher Politiker und Investoren, eine Reglementierung der Investorenbeteiligung an Zahnarztpraxen sei verfassungs- oder europarechtswidrig, ist mit der Entscheidung des EuGH nun endgültig vom Tisch.“
Um eine Einordnung gebeten, widerspricht der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV); der Verband vertritt MVZ-Interessen von Private-Equity-Trägern. Zwar hätten Zahnärztekammer und KZBV ausdrücklich nur den ambulanten Dentalmarkt im Visier. Doch werde „die Argumentation sicherlich auch gegenüber humanmedizinischen MVZ verwendet werden“. Im Übrigen gelten die sozialrechtlichen Vorgaben an MVZ-Gründung und -betreiberschaft gleichermaßen für human- wie zahnmedizinische Player.
Und nach Einschätzung der BBMV-Vorsitzenden Sibylle Stauch-Eckmann ist das EuGH-Urteil nun mitnichten eine Blaupause, um Investoren vom MVZ-Besitz auszuschließen: „Die strukturellen, rechtlichen und normativen Ausgangslagen der beiden Sektoren unterscheiden sich fundamental. Insbesondere zeigen die langjährigen Erfahrungen im Gesundheitswesen, dass Finanzinvestoren keine Gefährdung der Patientenversorgung darstellen.“
Anders als Rechtsanwaltsgesellschaften, so Stauch-Eckmann weiter, unterlägen MVZ „umfangreichen gesetzlichen Regelungen, die die ärztliche Entscheidungsfreiheit schützen und sicherstellen, dass medizinische Entscheidungen ausschließlich auf Grundlage der Patientenversorgung getroffen werden“. Angesprochen ist damit etwa die sozialrechtliche Vorgabe, dass MVZ ärztlich zu leitende Einrichtungen sind und „der ärztliche Leiter in medizinischen Fragen weisungsfrei ist“ (so in Paragraf 95 Abs. 1 SGB V).
Zudem seien auch „die Vergütungssysteme und die Leistungserbringung im Gesundheitswesen bereits strikt reguliert. Diese Mechanismen machen eine Einflussnahme auf die medizinische Versorgung praktisch unmöglich“. Die BBMV-Vorsitzende zeigt sich deshalb überzeugt, dass der EuGH-Entscheid „ausschließlich die Besonderheiten des Rechtsberatungssektors betrifft und in keiner Weise auf das Gesundheitswesen übertragbar ist“.
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