Einnahmen und Reinertrag 2022: Hohe Inflation hinterlässt bei Zahnarztpraxen deutliche Spuren

Binnen Jahresfrist hatten Praxisinhaberinnen und -inhaber von Einzelpraxen 2022 einen um knapp 5 Prozentpunkte schmaleren Reinertrag zu verkraften, wenn man den Anteil an den Gesamteinnahmen heranzieht – er sank von 36,4 % auf 31,8 %. In Zahlen verringerte sich der Reinertrag für Einzelpraxen von 236.000 Euro auf 203.000 Euro – bei nahezu gleichbleibendem Einnahmenniveau. Die aktuelle Kostenstrukturstatistik des Statistischen Bundesamtes offenbart noch mehr spannende Entwicklungen.

Das Jahr 2022 hat bei Zahnarztpraxen in Deutschland in einem Umfeld vergleichsweise hoher Inflationsraten – der Verbraucherpreisindex stieg im gleichen Zeitraum gegenüber dem Vorjahr um 6,9 % – in honorartechnischer Sicht deutliche Spuren hinterlassen. Wie aus der Anfang September seitens des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Wiesbaden veröffentlichten „Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich“ hervorgeht, erhöhten sich die durchschnittlichen Aufwendungen je Zahnarztpraxis im dritten Corona-Jahr auf 546.000 Euro (2021: 510.000 Euro). Die Einnahmen verharrten jedoch mit 790.000 Euro (2021: 791.000 Euro) auf nahezu demselben Niveau. Die im Vergleich zum Vorjahr um 7,1 % höheren Aufwendungen führten zu einem Rückgang des Reinertrags je Zahnarztpraxis um 13,5 % auf 243.000 Euro (2021: 281.000 Euro).

Zu den Zahnarztpraxen zählen dabei Einzelpraxen, Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Für 2022 weist die Statistik in toto 35.931 Zahnarztpraxen (2021: 36.357) mit insgesamt 43.152 Praxisinhaberinnen und -inhabern (44.538) aus. Darunter werden 29.032 (28.908) als Einzelpraxen deklariert. Deren Einnahmen beliefen sich 2022 demnach auf im Schnitt 639.000 Euro (2021: 647.000 Euro), der Reinertrag auf 203.000 Euro (236.000 Euro). Betrachtet man den Anteil des Reinertrags an den Gesamteinnahmen, so sank dieser bei Einzelpraxen von 36,4 % in 2021 auf dann 31,8 % in 2022 – hatten die jeweiligen Praxisinhaber somit einen binnen Jahresfrist um knapp 5 Prozentpunkte schmaleren Reinertrag zu verkraften.

Reinertrag nicht mit Gewinn gleichzusetzen

Zum besseren Verständnis dieser Zahlen weisen die Wiesbadener Statistiker darauf hin, dass der Reinertrag nicht mit dem Gewinn beziehungsweise dem Einkommen der Zahnärztinnen und Zahnärzte gleichzusetzen sei. „Er stellt das Ergebnis des Geschäftsjahres der gesamten Praxis dar, berücksichtigt aber zum Beispiel nicht die Aufwendungen für Praxisübernahmen oder Aufwendungen für die Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Krankenversicherung der Praxisinhaberinnen und -inhaber“, erläutert Destatis.

Für die Kostenstrukturstatistik, eine repräsentative Stichprobenerhebung, schreibt Destatis – auf Grundlage des Gesetzes über Kostenstrukturstatistik (KoStrukStatG) – jährlich bundesweit bis zu 7 % der Praxen an, die dann auskunftspflichtig sind. Die nächsten Heranziehungsbescheide sollen Anfang Oktober verschickt werden, informiert die KV Westfalen-Lippe auf ihrer Website. Die Ergebnisse der Statistik beziehen sich, so Destatis, auf rechtliche Einheiten – in der amtlichen Statistik werden diese definiert als kleinste rechtlich selbstständige Einheiten, die aus handels- beziehungsweise steuerrechtlichen Gründen Bücher führt. Hierzu zählt auch die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit. Seit dem Berichtsjahr 2021 wurde die Erhebung auf eine jährliche Periodizität umgestellt, was für das Berichtsjahr 2022 erstmals einen direkten Vorjahresvergleich ermöglicht.

Gros nimmt zwischen 300.000 Euro und 1.000.000 Euro ein

Über alle Praxisformen hinweg dominieren 2022 bei den 35.931 ausgewiesenen Einheiten die Praxen mit Einnahmen zwischen einer halben und einer Million Euro mit 13.702 und die mit einer Spanne von 300.000 bis einer halben Million Euro mit 11.631 Einheiten. Eine Million Euro und mehr nahmen 2022 insgesamt 6.857 Praxen ein, die restlichen Praxen schwankten in einer Bandbreite von 22..000 Euro bis 300.000 Euro. Bei den Einzelpraxen dominierten mit 11.392 diejenigen mit Einnahmen zwischen einer halben und einer Million Euro, gefolgt von 10.774 mit einer Spanne von 300.000 bis einer halben Million Euro. Immerhin 3.487 Einzelpraxen verzeichneten für 2022 Einnahmen von mehr als einer Million Euro, die übrigen Einheiten befanden sich in einem Korridor von 22.000 Euro bis 300.000 Euro.

Ein-Millionen-Euro-Schwelle teilt auch die BAG

Beim Blick auf die 6.156 als BAG deklarierten Praxen zeigt sich, dass mit 3.253 Einheiten mehr als die Hälfte 2022 bis zu einer Million Euro Einnahmen zu verzeichnen hatte, 2.364 fielen in den Korridor zwischen einer und 2,5 Millionen Euro, nur 539 BAG wiesen darüberhinausgehende Einnahmen aus. Mit 495 Einheiten verzeichneten auch die meisten MVZ für 2022 Einnahmen bis zu 2,5 Millionen Euro, die restlichen 248 überschritten diese Schwelle. In puncto Praxisportfolio/Spezialisierung dominieren wenig überraschend die Allgemeinzahnärzte/Faczahnhärzte für Allgemeine Stomatologie mit 31.691 der 35.931 bundesweit für 2022 ausgewiesenen Zahnarztpraxen. Laut Destatis gab es in Deutschland im Betrachtungszeitraum zudem 2.254 kieferorthopädische, 1.573 oralchirurgische sowie 413 sonstige Fachgebiete abdeckende Fachzahnarztpraxen. Über alle Praxisformen hinweg betrieben 2022 insgesamt 14.671 Einheiten ein Eigenlabor.

Einnahmen: Je größer die Einzelpraxis, desto geringer der Anteil des Kassenhonorars

Ein Blick über alle Praxisformen hinweg offenbart – wie in den Vorjahren auch –, dass der Anteil des Kassenhonorars an den Jahresgesamteinnahmen kontinuierlich sinkt, je mehr die Praxis einnimmt. Mit Blick auf die Einzelpraxen heißt das für 2022, dass der Anteil des Kassenhonorars mit 67,5 % in den Einheiten am höchsten war, die bis zu 300.000 Euro Jahreseinnahmen verzeichneten. Bei den Einzelpraxen mit bis zu einer halben Million Euro Einnahmen sank der Anteil schon auf 62,7 %, bei den Einheiten mit Einnahmen bis zu einer Million Euro dann auf 50,5 %, bei den restlichen Einzelpraxen sogar auf 46,8 %. Dasselbe Bild ergibt sich für BAG mit 57,3 % Anteil Kassenhonorar bei Einnahmen bis zu einer Million Euro, 48,9 % bei Einnahmen bis zu 2,5 Millionen Euro und 43,9 % für die übrigen Einheiten. MVZ, die bis zu 2,5 Millionen Jahreseinnahmen verzeichneten, wiesen darin einen Anteil des Kassenhonorars von 55,3 % aus, bei den MVZ jenseits dieser Schwelle waren es dann 44,5 %. Bei den kieferorthopädischen Praxen belief sich der Kassenanteil an den Einnahmen auf 49,8 %, bei den Oralchirurgen nur auf 41,9 %.

Mehr als 200.000 Euro Personalaufwendungen

Beim Blick auf das Praxispersonal zeigt sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, dass 2022 mit zehn tätigen Personen in den Zahnarztpraxen deren Anteil um 0,2 gestiegen ist. Gleichgeblieben ist die Zahl der Praxisinhaber mit 1,2. Die Zahl der Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) ist hingegen um 0,3 auf 5,6 gestiegen, ebenso die Teilzeitquote von 38,2 % auf 39,5 %. Die Bruttoentgelte für alle abhängig Beschäftigten insgesamt sind ebenfalls deutlich gestiegen – von 186.000 Euro 2021 auf insgesamt 204.000 Euro. Ein Großteil davon dürfte auf den zum 1. Juli 2022 in verschiedenen Bundesländern in Kraft getretenen, neuen ZFA-Gehaltstarifvertrag zurückzuführen sein.

Einzelpraxis beschäftigt im Schnitt 4,7 ZFA

Laut Destatis-Zahlen waren 2022 im Schnitt 8,2 Personen in einer Einzelpraxis tätig – darunter der Inhaber und 4,7 ZFA. Die Teilzeitquote der Beschäftigten in Einzelpraxen lag im Schnitt bei 41,1 %. In Einzelpraxen mit bis zu 300.000 Euro Jahreseinnahmen waren 2022 insgesamt 3,9 Personen tätig, darunter 2 ZFA, und die Personalkosten beliefen sich auf 46.000 Euro. Bei Einzelpraxen mit Einnahmen bis zu einer halben Million Euro und 6,1 tätigen Personen, darunter 3,3 ZFA, schlugen die Personalaufwendungen schon mit im Schnitt 91.000 Euro zu Buche. Bei den Praxen mit bis zu einer Million Euro Einnahmen waren im Schnitt 9,1 Personen tätig, darunter 5,2 ZFA und 0,4 angestellte Zahnärzte – die Personalkosten betrugen hier bereits 170.000 Euro. In Einzelpraxen, die die Einnahmenschwelle von einer Million Euro überschritten hatten, lag die Zahl der in der Einheit tätigen Personen bei 16, darunter 1,7 angestellte Zahnärzte und 9,6 ZFA. Die Bruttoentgelte für das Personal beliefen sich bei diesen Einzelpraxen auf 411.000 Euro.

Arztpraxen verzeichnen trotz gestiegener Einnahmen ebenfalls weniger Reinertrag

Bei den Haus- und Facharztpraxen zeigt sich in der Wiesbadener Kostenstrukturstatistik für 2022 ein anders gelagertes Bild im Vergleich zu den Zahnärzten. Destatis weist explizit für den ärztlichen Bereich darauf hin, dass die ausgewiesenen Medianwerte „stark von Praxen mit sehr hohen Einnahmen und Aufwendungen beeinflusst“ seien.

Die durchschnittlichen Einnahmen je Arztpraxis einschließlich fachübergreifender BAG und MVZ stiegen demnach im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 5,3 % auf 796.000 Euro (2021: 756.000 Euro) – und damit weniger stark als die Aufwendungen. Dadurch sank der durchschnittliche Reinertrag je Praxis 2022 gegenüber 2021 um 1,5 % auf 331.000 Euro (2021: 336.000 Euro). Allerdings verzeichnete die Hälfte aller Arztpraxen Einnahmen bis 487.000 Euro und einen Reinertrag von höchstens 230.000 Euro.

Ohne die Berücksichtigung fachübergreifender BAG und MVZ lagen die Durchschnittseinnahmen je Arztpraxis 2022 bei 669.000 Euro (+2,0 % zum Vorjahr; 2021: 656.000 Euro). Die hier betrachteten Einzelpraxen und fachgleichen BAG sind laut Destatis mit durchschnittlich 8,5 tätigen Personen im Vergleich zu allen Arztpraxen einschließlich BAG und MVZ (rund 10 tätige Personen) kleiner. Der im Durchschnitt erzielte Reinertrag der Arztpraxen ohne BAG und MVZ belief sich auf 315.000 Euro je Praxis – ein Minus von 2,5 % zu 2021 mit 323.000 Euro.

Psychotherapeutische Praxen, die mit durchschnittlich rund 2 tätigen Personen deutlich kleiner sind als Arzt- oder Zahnarztpraxen, erzielten 2022 durchschnittliche Einnahmen von 128.000 Euro – ein Plus von 0,8 % zu 2021 mit 127.000 Euro. Ihre Aufwendungen stiegen mit einem Plus von 11,1 % gegenüber dem Vorjahr deutlich, woraus sich laut Statistik ein um 3,3 % geringerer Reinertrag von 88.000 Euro je Praxis ergab – 2021 belief sich dieser noch auf 91.000 Euro.

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