Pager & Co: Das tun Praxisinhaber gegen volle Wartezimmer

Zur Erkältungszeit herrscht in vielen Praxen großer Andrang. Manche Ärztinnen und Ärzte ermöglichen ihren Patienten, lästige Wartezeit außerhalb der Räumlichkeiten zu verbringen – mithilfe spezieller Rufsysteme. Ein Überblick.

Herbstzeit ist Erkältungszeit – und die führt erfahrungsgemäß zu vollen Wartezimmer. Es ist nur allzu verständlich, dass sich viele Patienten unwohl dabei fühlen, mit kranken Menschen auf engem Raum zu sitzen.

Und warten gilt bekanntermaßen auch nicht gerade als stimmungsfördernd: Israelische Forscherinnen und Forscher haben im Sommer 2020 herausgefunden, dass aggressive Tendenzen der Patienten mit der Wartezeit zusammenhängen. Je länger diese warten müssten, desto eher verhielten sie sich aggressiv, heißt es.

Und auch für die Medizinischen Fachangestellten bedeuten der Andrang und der damit verbundene Lärmpegel häufig puren Stress. Manche Arztpraxen wollen deshalb ihren Patienten den Aufenthalt in der Praxis so kurz und angenehm wie möglich gestalten und nutzen dafür ein Warteschlangen-Management.

Wir stellen Patientenrufsysteme vor, die es den Patienten ermöglichen, statt sich in der Praxis aufzuhalten, spazieren zu gehen, Kaffee zu trinken oder sogar Einkäufe zu erledigen.

Die Optionen im Überblick

  • Pager
  • QR-Code
  • Einreihen von Zuhause aus

Pager

Bekanntestes Beispiel unter den Rufsystemen sind die sogenannten Pager. Dabei handelt es sich um batteriebetriebene Geräte, die vibrieren oder ein akustisches Signal absetzen, wenn der Patient an der Reihe ist. In Systemgastronomenbetrieben ist dieses Modell mittlerweile an der Tagesordnung.

Der niedergelassene Hausarzt Dr. Marc Metzmacher aus dem fränkischen Gunzenhausen bietet die Pieper seit der Corona-Pandemie seinen Patienten an, und diese seien ganz begeistert, wie er im Gespräch mit der Ärzte Zeitung betont.

Zehn Stück hat die Praxis im Umlauf, das Signal reiche rund 500 Meter weit. Mehr Arbeit habe sein Team dadurch nicht, betont er. Auf einer Liste werde notiert, wer mit welchem Pager unterwegs sei. Ist der Patient an der Reihe, müssten seine MFA lediglich einen Knopf drücken. „Das geht schneller, als jemanden aus dem Wartezimmer zu rufen.“

Sein Team wisse auch genau, wen man mit entsprechendem Vorlauf anpiepen müsse. „Denjenigen, die nicht so mobil sind und entsprechend länger brauchen, um zur Praxis zurückzukehren, geben wird dann auch schon mal fünf Minuten vorher Bescheid.“

Voll ist sein Wartezimmer derzeit aber dennoch. Und da nicht alle Patienten die Wartezeit außerhalb verbringen wollten, könne man die Aufenthaltsbereiche auch nicht komplett abschaffen.

Gute Erfahrungen machen auch Kliniken

Gute Erfahrungen mit den Pagern macht auch das Klinikum Varisano in Frankfurt-Höchst. Seit Februar 2022 kommt das Patientenrufsystem beispielsweise in der HNO-Ambulanz und der pädiatrischen ZNA zum Einsatz.

„So haben die Patienten die Möglichkeit, in unserem Krankenhaus-Café etwas zu trinken oder zu essen oder sich in unserem Haus zu bewegen“, sagt eine Sprecherin. Eltern mit Kindern können auch auf den angrenzenden Spielplatz gehen.

Die Notaufnahme werde dadurch deutlich entlastet: „Zunächst reagieren die meisten Eltern ungläubig, doch dann nehmen sie das Angebot schnell und gerne an. Das Feedback ist durchweg gut.“

In der Erwachsenen-ZNA des Klinikums fehlen die Pager bislang noch. Die baulichen Gegebenheiten verhinderten derzeit eine ausreichende Reichweite des Signals.

Doch auch hier dürften sie für Entspannung sorgen: Denn gerade die Patienten mit leichteren Erkrankungen oder Verletzungen täten häufig ihren Unmut über Wartezeiten kund, da sie ja meist auch am längsten warten müssen, wenn gravierende Notfälle dazwischen kommen, so die Sprecherin.

Hamal: Geringer bürokratischer Aufwand

Klaus Hamal, Gründer und Geschäftsführer des Softwarehauses Alpha 11, das Pager für das Gesundheitssystem vertreibt, verzeichnet immer mehr Interesse an den Geräten. Praxisinhaber müssen mit Anschaffungskosten von rund 2.000 Euro rechnen, so seine Kalkulation. Darin enthalten sind etwa 20 Pager, Ladestationen und die entsprechende Software.

Das Handling des Systems bedeute einen geringen bürokratischen Aufwand, der sich aus Hamals Sicht aber durchaus lohnt: „Um zufriedene Praxisbesucher und entspanntes Personal zu haben, ist es das auf jeden Fall wert.“

Ein weiterer Vorteil sei auch die damit verbundene Diskretion, die Patienten würden über ihren anstehenden Termin informiert, ohne dass sie mit Namen aufgerufen werden müssten. 

QR-Code

Auf Warteschlangenmanagement ohne externe Geräte setzt das Softwarehaus cleverQ. Dabei scannen die Patientinnen und Patienten mit ihrem Smartphone nach Betreten der Praxis einen QR-Code, über den sie sich in die virtuelle Warteschlange einreihen können.

en Code stellen die Gesundheitseinrichtungen entweder über einen Aufsteller oder über einen Automaten mit Touchscreen-Display zur Verfügung. Zusätzlich am Empfang anmelden müssen sich die Besucher nicht, betont Dirk Ostermann, cleverQ-Geschäftsführer. „Wir unterstützen dadurch ihre Bewegungsfreiheit“, sagt er

Kurz bevor der Termin ansteht, erhalten die Besucher eine Nachricht auf ihrem Handy. In der Zwischenzeit könnten sie die Praxis verlassen, so Ostermann. Das Praxispersonal benötigt für das Programm keine gesonderte Software, sondern arbeitet via Browser-Login. Ein Ampelsystem ermögliche es den MFA zusätzlich, die Reihenfolge der Patienten selbstständig zu beeinflussen und entsprechend zu priorisieren.

Neben der generellen Warteschlange gibt es auch eigene digitale Warteräume für spezielle Dienstleistungen, beispielsweise zur Blutabnahme oder Blutdruckmessung. Ostermann sieht in der Webanwendung Vorteile gegenüber Pager-Lösungen: Das Praxispersonal müsse sich weder um einen regelmäßigen Batteriewechsel kümmern, noch die Geräte reinigen. Die monatliche Gebühr für CleverQ beläuft sich auf rund 120 Euro.

Einreihen von Zuhause aus

Für Besucher, die erst dann in die Praxis kommen, wollen, wenn sie auch tatsächlich dran sind, hat Katharina Feiertag, Gründerin und CEO von der österreichischen Softwarefirma Quickticket, eine digitale Warteliste einwickelt.

Dabei können sich die Patienten über die Website ihrer Praxis von zuhause aus in die digitale Warteschlange einreihen – und sehen in Echtzeit, wann ihre Behandlung ansteht. „Damit geht die Software über klassische Online-Terminbuchungstools hinaus“, erläutert Katharina Feiertag im Gespräch mit der Ärzte Zeitung.

Die Patienten müssten also weder für die Anmeldung extra in die Praxis kommen, noch dort ihre Wartezeiten verbringen. Seit Mitte 2021 ist die Software am Markt, in Deutschland gehören inzwischen rund 50 Arztpraxen zu den Kunden.

Service für Akutpatienten

Es handle sich aber ausschließlich um einen Service für Akutpatienten, alle anderen hätten ihre Termine ja bereits zuvor vereinbart. Wichtig: Eine App müssen die Patienten nicht herunterladen. „Gerade Menschen, die nur zweimal im Jahr zum Arzt gehen, schätzen das. Sie wollen nicht noch eine App auf ihrem Handy haben.“

Praxen kostet dieser Service 59 Euro pro Monat im Abo-Modell, enthalten ist hierbei die Einbindung auf der Website.

Gemeinschaftspraxen und MVZ hätten über Quickticket die Möglichkeit, für jeden Arzt oder jede Ärztin eine eigene Warteliste zu führen. Dadurch lasse sich eine Praxis besser auslasten, häufig fehle es an Transparenz, welcher Arzt frei ist und welcher nicht.

Personen ohne Smartphone können vor Ort einen Papier-Bon ziehen oder auf ihrem Mobiltelefon eine SMS erhalten. Quickticket fußt ebenso wie cleverQ auf einem Learning-Algorithmus. Dieser prognostiziert je nach Art der Konsultation die Behandlungsdauer.

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