Praxismanagement
Das Nichterscheinen von Patienten beeinträchtigt Ihren Terminplan und Ihre Einnahmen. Finden Sie heraus, wie Sie Risikopatienten erkennen und die Zahl der verpassten Termine deutlich verringern…
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Thomas Kurscheid versorgt die Patienten in seiner Kölner Praxis auch am Samstag. Vor allem Berufstätige nehmen das Angebot gerne in Anspruch. Die KVen geben Auskunft, wie es andere Ärzte mit Terminen am Wochenende handhaben.
Mehr Service für die Patienten – das ist das Motto des Kölner Allgemeinmediziners Professor Thomas Kurscheid. Seit einigen Monaten öffnet er seine Praxis auch samstags; von 9 bis 12 Uhr bietet er reguläre Sprechstunden an. Damit ist er einer der wenigen in dem für ihn zuständigen KV-Bezirk Nordrhein: Von 22.740 Mitgliedern machen laut einer aktuellen Auswertung 406 Ärztinnen und Ärzte (Stichtag 30. Juni) samstags auf. Zum Vergleich: Zum 31. Dezember 2017 lag die Zahl bei 381, die Steigerung bewegt sich also im moderaten Rahmen. Zum Jahreswechsel 2020/2021 hatte die Zahl der Praxen mit Öffnung am Samstag zwischenzeitlich sogar wieder abgenommen (332).
406 Ärzte bieten im Bezirk der KV Nordrhein aktuell Sprechstunden am Samstag an. In Hamburg sind es 16.
„Wir wollen unseren Patienten mehr Service bieten und den Ansturm unter der Woche entzerren“, erläutert Kurscheid seine Beweggründe im Gespräch mit der Ärzte Zeitung. Das Angebot werde besonders von Berufstätigen gut angenommen, die Samstags-Sprechstunden seien stark nachgefragt. Finanzielle Gründe spielten keine Rolle, betont der Arzt, schließlich sei das Budget für gesetzlich Versicherte begrenzt.
Er und seine ärztlichen Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis überlegten derzeit, im Gegenzug an einem Abend in der Woche früher zu schließen. Die erweiterten Öffnungszeiten will er langfristig etablieren, auf diese Weise würden auch die Notdienste entlastet. Kurscheid spricht aus Erfahrung: Über zehn Jahre absolvierte er regelmäßig Notdienste: „Über 50 Prozent der Patienten kamen mit Belanglosigkeiten wie Husten, den man auch in der regulären Sprechstunde behandeln kann.“
Samstags zu öffnen ist für viele Arztpraxen nicht neu, zu Hochzeiten der Coronapandemie förderten einige KVen für einen begrenzten Zeitraum besondere Infektsprechstunden zur Behandlung symptomatischer Patienten, beispielsweise in Westfalen-Lippe, wo es für jeden Samstag eine Strukturkostenpauschale von 400 Euro gab. In Nordrhein erhalten Ärzte noch bis Ende des Jahres für jede Infektsprechstunde am Samstag eine Zusatzpauschale von 15 Euro. Auch die Impfkampagne gegen SARS-CoV-2 wurde von vielen Ärzten samstags umgesetzt.
Doch nur in wenigen Fällen hat es das Modell in den Regelbetrieb geschafft. In der Datenbank der KV Baden-Württemberg beispielsweise sind quer durch alle Fachgruppen 378 Mitglieder mit Samstags-Sprechstunden verzeichnet. Darin könnten allerdings Dopplungen enthalten sein, falls der eine oder andere Arzt an mehreren Praxisstandorten tätig ist, heißt es. „Wenn man das auf alle Mitglieder runterrechnen würde, wären das etwa 1,5 Prozent“, verdeutlicht ein KV-Sprecher.
In Hamburg sind aktuell 16 Ärzte und Psychotherapeuten gelistet, die Sprechstunden am Samstag offerieren. Angaben zu den Gründen liegen der KV nicht vor. Schließlich können die Ärzte ihre Öffnungszeiten selbstständig in die Datenbank eintragen, ohne dies offiziell bei der KV anzumelden, heißt es dort. Patienten in Rheinland-Pfalz können bei vier Prozent der Betriebsstätten (Praxen, MVZ und BAG) Termine am Wochenende wahrnehmen.
Auf einem ähnlichen Niveau bewegen sich auch die Zahnärzte: Ein Sprecher der KZBV beziffert die Versorgungstätigkeit am Samstag auf rund 5,5 Prozent. Dabei betrage die durchschnittliche Arbeitszeit der Praxen 3,4 Stunden.
Das Thema Praxisöffnungszeiten kommt in regelmäßigen Abständen auf die öffentliche Agenda. Zuletzt hatte der Verband der Ersatzkassen (vdek) im Januar kritisiert, dass besonders Fachärzte zu wenige Sprechstunden anböten. Die Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner hatte dabei Bezug genommen auf eine vom vdek in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage unter gesetzlich Versicherten im Dezember 2021, bei der 38 Prozent der befragten Patienten angaben, mindestens einen Monat auf einen Termin gewartet zu haben, rund 15 Prozent meldeten Wartezeiten von drei Monaten und mehr.
Sie attestierte dem 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) „zu geringe Effekte“. Ärzte und Psychotherapeuten mit vollem Versorgungsauftrag müssen laut TSVG mindestens 25 Sprechstunden wöchentlich anbieten (zuvor: 20). Bei Unterschreitung drohen Sanktionen der KV.
Barbara Kronfeldner vom Verband medizinischer Fachberufe rät Ärztinnen und Ärzten, die planen, ihre Sprechstunden auf Samstag auszuweiten, immer das Personal einzubeziehen: „Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass die WorkLife-Balance nicht vollständig verloren geht. Der Stress hat inzwischen ein solches Level erreicht, dass viele andernfalls die Reißleine ziehen und den Arbeitsplatz verlassen. Zudem gilt: Der Tarifvertrag für MFA sieht bei Samstagsarbeit einen Zuschlag von 25 Prozent vor – als Freizeitausgleich oder entsprechende Vergütung. Wir verstehen das als Mindestarbeitsbedingung, die garantiert werden sollte.“
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