Greiner: Selbstbeteiligungen dürfen kein Tabu sein

Eine Eigenbeteiligung der Versicherten muss Teil der dringend erforderlichen Finanzreform in der gesetzlichen Krankenversicherung werden, findet der Gesundheitsökonom Professor Wolfgang Greiner.

Bei einer langfristig angelegten Reform für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen müssen nach Ansicht von Professor Wolfgang Greiner neben Beiträgen und Steuern auch Eigenbeteiligungen der Versicherten eine Rolle spielen. „Wir werden um Fragen der Selbstbeteiligung vermutlich nicht herumkommen“, sagte der Gesundheitsökonom von der Universität Bielefeld beim Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse auf der Medica in Düsseldorf. Ziel müsse aber sein, dass die GKV ein solidarisches und dem Sozialausgleich zugewandtes System bleibe.

Greiner geht jedoch nicht davon aus, dass in dieser Legislaturperiode etwas in dieser Richtung passiert. „Das Thema ist mega unpopulär, damit macht sich niemand Freunde.“ Das ändere aber nichts am Handlungsbedarf. Schließlich könne die Politik nicht jedes Jahr die Beiträge erhöhen, der Steuerfinanzierung seien durch das Bundesverfassungsgericht Grenzen gezogen.

Das im Oktober 2022 verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz sei nicht auf die langfristige GKV-Finanzierung ausgerichtet, zwei Drittel der Maßnahmen seien kurzfristig angelegt, betonte Greiner. „Das war ganz überwiegend eine Notmaßnahme.“

Steuerung der Versicherten kann Ausgaben senken

Die einzelnen Maßnahmen des Gesetzes seien dabei in großen Teilen überdimensioniert gewesen, sagte der Geschäftsführer des IGES-Instituts Dr. Martin Albrecht. Die Einnahmenseite sei unterschätzt, die Ausgabenseite überschätzt worden. „Für 2024 werden wir noch ganz gut hinkommen“, erwartet er. Aber 2025 würden die Kassenreserven aufgebraucht sein und die Schwere zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter auseinander gehen.

„Man wird nicht darum herumkommen, auf der Ausgabenseite alle Register zu ziehen“, prognostizierte Albrecht. Das Hauptpotenzial sieht er dabei in der Steuerung der Versorgung. „Viele Patienten kommen nicht an den richtigen Ort und in die richtige Versorgungsebene.“

Mit Hausarztmodellen allein wird das Problem seiner Meinung nach nicht gelöst werden können. „Hausärzte sind auch eine knappe Ressource.“ Vorstellbar ist für ihn ein Konzept wie in der Schweiz, bei dem Versicherte sich zunächst telefonisch an eine medizinische Beratung wenden müssen und dann in die passende Versorgungsebene gesteuert werden. Die Krankenkassen hierzulande bräuchten mehr Spielräume, sie sollten etwa Tarife auflegen dürfen, die eine solche Steuerung vorsehen, schlug Albrecht vor.

Es braucht klare ordnungspolitische Entscheidungen

Die Politik müsse sich endlich zu weitreichenden Grundsatzentscheidungen durchringen, forderte Dirk Ruiss, Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen des Ersatzkassenverbands Vdek. „Warum ist es eigentlich so schwer, für den Gesundheits- und den Pflegebereich klare ordnungspolitische Entscheidungen zu treffen?“, fragte er. Klarheit ist nach seiner Ansicht jetzt beim Steuerzuschuss und der Finanzierung der GKV-Beiträge von Arbeitslosengeld-2-Beziehern aus Steuermitteln gefragt.

Ruiss ist allerdings wenig optimistisch, dass es im kommenden Jahr zu der notwendigen großen Reform kommt. Angesichts der aktuellen Krisen werde der Finanzspielraum immer enger. „Gesundheit und Pflege spielen da eine untergeordnete Rolle.“

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