Start ins neue Ausbildungsjahr: Wie Sie die ZFA-Ausbildung attraktiv gestalten

Bewerbungsphase erfolgreich abgeschlossen? Dann wartet nun die nächste Herausforderung auf Sie: Wie begeistern Sie die neuen ZFA-Azubis dauerhaft für den Beruf und die Tätigkeit in der Praxis? Zahnärztin Sirid Kulka hat einige Tipps parat. Ein Schulterblick, der lohnt.

Es sind Zahlen, die aufhorchen lassen: 16.071 junge Menschen – vorwiegend Frauen – haben sich im vergangenen Jahr für eine Ausbildung zur/zum Medizinischen Fachangestellten (MFA) entschieden. Im Jahr zuvor wurden in den Arztpraxen und MVZ 17.523 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Damit liegt der Beruf der MFA laut Bundesinstitut für Berufsbildung (bibb) für Männer und Frauen aktuell auf Platz 5 aller dualen Ausbildungsberufe. Bei den von jungen Frauen gewählten Ausbildungsberufen erreichen die MFA sogar Rang 2, direkt gefolgt von den Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) mit 13.320 neuen Ausbildungsverträgen in 2023.

Insgesamt beschäftigen die Praxen jedes Jahr deutlich über 40.000 MFA-Auszubildende. Die Ausbildung der dringend benötigten Fachkräfte ist geübte Praxis. Einfach zurücklehnen können sich die Teams zum Start des neuen Ausbildungsjahres trotzdem nicht: Denn die nächste MFA-Generation, die gerade ins Berufsleben startet, stellt ganz andere Anforderungen an ihren Ausbildungsplatz und ihren Job als noch die Generationen davor. „Die junge Generation bringt tatsächlich ein ganz neues Wertesystem mit“, sagt Sirid Kulka.

Die Zahnärztin, die in eigener Praxis in Leipzig-Marienbrunn niedergelassen ist, bildet nicht nur selbst aus, sie gibt auch Workshops und hält Vorträge zu fachlichen und unternehmerischen Themen. Zwar sind die Ausbildungsinhalte bei human- wie zahnmedizinischen Praxen durch Ausbildungsverordnung und -Rahmenplan eng vorgegeben, aber es sind viel mehr die Faktoren drumherum, die letztlich junge Menschen für den Beruf der MFA oder ZFA begeistern oder eben nicht.

Sicherer Arbeitsplatz? Das zieht heute nicht mehr!

„Ein sicherer Arbeitsplatz oder Nähe zum Wohn- und Heimatort sind heute nicht mehr die Argumente, die bei der Berufswahl ziehen“, stellt Kulka klar. Und ist der Vertrag unterzeichnet, sind es auch nicht mehr die Argumente, die junge Menschen in der Ausbildung halten. Die Abbruchquote bei den MFA-Azubi liegt bei fast einem Drittel, eine Zahl, die das bibb wie auch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) nennen. Zum Vergleich: 2008 betrug die Abbrecherquote noch 18,8 Prozent, also nicht ganz ein Fünftel.

Auch das hat etwas mit der Wertewelt der jungen Generation – aktuell spricht man von der Generation Z – zu tun. Eine Ausbildung, die sie nicht erfüllt und keine Freude bringt, wird nicht mehr wie früher unter dem Motto „da muss man halt die Zähne zusammenbeißen“ durchgezogen. Junge Menschen orientieren sich dann neu, der Arbeitsmarkt ermöglicht ihnen das aktuell auch.

„Es ist wichtig, den jungen Menschen zuzuhören und zu versuchen, sie zu verstehen“, rät Kulka. Es bringe nichts, wenn Praxischefin oder -chef und ältere Teammitglieder versuchten, ihre Wertewelt den Auszubildenden überzustülpen. Es gehe darum, ohne vorgefertigte Meinung den jungen Kolleginnen und Kollegen zu begegnen. Eine gute Möglichkeit können dafür übrigens auch Gespräche mit jungen Menschen im eigenen privaten Umfeld oder Schülerpraktika sein, diese bietet Kulka regelmäßig an. Allerdings: Für die Praktika müsse man Zeit haben und am besten ein paar Aufgaben ansammeln, die Praktikanten gut übernehmen könnten und die zeitunkritisch seien.

Die Wertewelt der jungen Generation

Doch was genau macht die Wertewelt der jüngeren Generation aus? Für Kulka sind vier Punkte entscheidend:

Die Arbeit muss einen Sinn ergeben. Hier sieht Kulka die medizinische Welt durchaus im Vorteil: „Unsere Arbeit ist immer sinnhaft, wir helfen Menschen.“ Das müssten die Praxen nur wieder viel stärker nach außen kommunizieren. Also mehr positive Werbung für die Arbeitswelt Praxis machen.

Selbstwirksamkeit. Junge Menschen wollten nicht fremdbestimmt agieren, sondern Entscheidungen mittreffen. Das sei im Praxisalltag nicht leicht umzusetzen, aber auch nicht unmöglich.

Zeit für sich selbst haben. Arbeit ist für die Generation Z nicht mehr der Lebensmittelpunkt. Sie wollen auch Zeit und Raum für andere Dinge haben. Hierin steckt laut Kulka großes Konfliktpotenzial, da ältere Generationen noch die Arbeit im Vordergrund sehen. „Dabei haben die jungen Menschen hier die gesündere Lebenseinstellung“, sagt sie deutlich. Und das bedeute nicht, dass sie faul wären oder nicht arbeiten wollten und sich alle die DreiTage-Woche wünschten.

Arbeit muss Spaß machen. Ebenfalls ein Punkt mit Konfliktpotenzial, weil hier das Thema Digitalisierung ganz klar mit dazu gehört. „Es bereitet jungen Menschen gar keine Freude, auf Papier zu schreiben und mit einer langsamen EDV zu arbeiten.“

Benennen Sie eine Mentorin

Die neue Wertewelt zu erkennen, ist eine Sache. Sie in den Praxisalltag zu integrieren, eine ganz andere. Doch auch dafür hat Sirid Kulka, die selbst quasi aus einer Mehrgenerationen-Praxis kommt, einige Tipps parat. Es war ihre Mutter, die 1991 die Zahnarztpraxis im Haus der Familie eröffnet hat. 2005 stieg Sirid Kulka in die Praxis mit ein, seit 2015 führt sie die Praxis nun schon allein.

Wichtig ist, dass die Auszubildenden einen festen Ansprechpartner im Team haben. Eine Art Mentorin bzw. Mentor. Das werde heute bereits in den Schulen so gelebt, etwa dass ältere Schüler das Mentoring für jüngere übernehmen. Das heißt, junge Menschen sind vertraut damit und erwarten dies bisweilen auch. Es müsse allerdings ein Teammitglied sein, das gut zuhören und andere begeistern kann. „Und hier darf auch gerne in eine Fortbildung investiert werden“, so Kulka. Letztlich entlaste eine Mentorin nämlich Praxischefin oder -chef.

Praxisinhaber sollten zudem ihren eigenen Führungsstil auf den Prüfstand stellen, selbst, wenn es schwerfällt. „Selbstwirksamkeit bedeutet, ich entscheide selbst, wie ich ans Ziel komme, das müssen wir als Chefinnen und Chefs zulassen und üben. Wir dürfen also die Lösung nicht schon parat haben und vorgeben.“ Im Medizinbetrieb nicht immer ganz einfach, dennoch gebe es Möglichkeiten, MFA-Azubi selbst Dinge entscheiden zu lassen.

Entscheidungsspielräume zulassen

Zwei Beispiele: Wenn die Praxis einen Teamtag oder ein Teamevent plant, könnten die Azubis diesen planen und entscheiden, wie das Programm aussehen soll. Oder man gibt ihnen den Auftrag, sich einmal das Wartezimmer anzuschauen und zu überlegen, was man verbessern könnte. „Da kommen Ideen“, ermuntert Kulka, „die junge Generation ist geübt im Mind-Mapping“. Aber: „Man muss es dann auch umsetzen“, mahnt sie, sonst sei der Frust groß. Das müsse dem gesamten Team klar sein, insbesondere, wenn es ums Teamevent gehe. Wenn die Hälfte des Teams sage, sie macht da nicht mit, sei das für die jungen Kollegen wenig aufbauend.

In Sachen Digitalisierung lasse sich den Anforderungen der jungen Generation sicher nur bedingt gerecht werden. Die Praxis-EDV sollte jedoch zumindest auf einem einigermaßen aktuellen Stand sein. „Nur weil wir keine Karteikarten mehr ausfüllen, sind wir nicht digital. Unter Digitalisierung verstehen junge Menschen etwas ganz anderes.“ Ein Schwank aus ihrer eigenen Praxis: Kulka hatte einer Auszubildenden die Aufgabe gegeben, für die Praxis einen Anamnesebogen aufzulegen. Dazu könne sie Excel oder Word nutzen, so Kulkas Vorschlag. „Sie konnte mit beiden Programmen nichts anfangen, das hätten sie in der Schule nie genutzt, aber sie hatte eine App, mit der sie arbeiten konnte.“

Für Kulka war auch das in Ordnung, so lange sich das Format in die Praxis-EDV übertragen lässt. „Aber das zeigt, wie veraltet wir Praxen in Sachen EDV unterwegs sind.“ Positiv sieht sie dabei, dass die junge Generation ohne Ängste an digitale Anwendungen rangeht und hier Neues viel schneller und intuitiver lernt. Das wiederum kann älteren Kolleginnen und Kollegen im Team helfen.

Den Ausbildungsplan brauchen Praxen wie gesagt nicht selbst erstellen. Er sollte aber zusammen mit dem Team in den Praxisalltag integriert werden. „Es ist gut, wenn man hier gemeinsam einen Ablauf erstellt, der für alle im Team passt. Mir sind als Chefin andere Dinge wichtig als dem Team.“ Wenn eine Auszubildende allerdings eine erfahrene MFA oder ZFA schnell in einfachen Dingen entlasten könne, würden dadurch wichtige Kapazitäten frei, für die Praxis und für die Ausbildung.

Kulka empfiehlt zudem, sich im Rahmen des Praxis-Qualitätsmanagements einen Ausbildungsleitfaden anzulegen. Außerdem arbeitet die Leipziger Praxis mit Zielvereinbarungen, die sich am Kompetenzerwerb und nicht an starren Zeiten orientieren. Wenn eine Auszubildende eine Tätigkeit beherrsche, erhalte sie die nächste Aufgabe – und eben nicht automatisch nach drei Wochen. „Aber das ist zeitlich natürlich nicht komplett unbegrenzt, irgendwann sollte die Tätigkeit schon sitzen“, sagt sie. Und: Kontrolle ist bei übertragenen Aufgaben wichtig, denn das gibt den Auszubildenden Sicherheit.

Ziele schaffen Verbindlichkeit

Zur Zielvereinbarung gehören in regelmäßigen Abständen Feedbackgespräche. Diese könne auch die Azubi-Mentorin übernehmen, sofern sie die dafür notwendige Führungskompetenz mitbringe. Solche Gespräche liegen nämlich noch lange nicht jeder Mitarbeiterin, die vielleicht auf der anderen Seite eine gute Mentorin ist. Im Feedbackgespräch geht es darum, herauszufinden, wie sich die Auszubildende in ihrer Rolle fühlt, was gut klappt und wo sie mehr Unterstützung benötigt. Kulka rät tatsächlich, abzufragen: Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich über-/unterfordert? Was macht Ihnen Spaß? Worauf sind Sie stolz?

Dass es dann trotzdem Auszubildende gibt, die abbrechen, lässt sich nicht ganz vermeiden. „Wer direkt aus der Schule in die Ausbildung geht, ist heute häufig noch mitten in der Selbstfindungsphase“, so die Zahnärztin. Vielen sei noch nicht bewusst, was ihre Stärken, Schwächen und Interessen sind. Das erlebt Sirid Kulka gerade selbst bei einer Auszubildenden, die vor einem Jahr in der Praxis angefangen hat und sich nun doch neu orientieren will, weil der Beruf der ZFA nicht zu ihr passt.

In der Leipziger Praxis reißt das jedoch keine personelle Lücke: Kulka hat für die Ausbildung eine zusätzliche Stelle geschaffen und auch eine fest etablierte Mentorin benannt. Kulka bildet eher aus, weil es eine wichtige Aufgabe ist und weil die Praxis immer mal wieder „frischen Wind“ braucht, wie sie sagt. Nicht stehen bleiben, rät sie daher Praxisinhaberinnen und -inhabern.

Stillstand können sich Praxen nicht erlauben

Denn die nächsten Generationen, die wir als wichtige Fachkräfte in der Versorgung benötigen, werden wieder andere Anforderungen an die Teams stellen. Medizinische Betriebe sind aber schwerfälliger, was die Anpassungsfähigkeit in den Arbeitsprozessen angeht – ganz einfach, weil ein hohes Maß an Sicherheit in der Versorgung gewährleistet werden muss. „Nehmen wir nur das Thema Digitalisierung, die nächsten Generationen wachsen mit Künstlicher Intelligenz auf, die werden Sprachmodelle und anderes einfordern“, so Kulka. „Eigentlich müsste ich mich jetzt hinsetzen und die Praxis im laufenden Betrieb anpassen, damit ich später Auszubildende bekomme und damit wir digital am Ball bleiben.“ Die Frage, die sich aber dann sicherlich bei allen Praxisinhabern aufdränge: Warum sollte man das jetzt tun, wo es aktuell doch keinen Effekt auf den Praxisumsatz hat? Also gilt es, einen Mittelweg zu finden, damit man in vier, fünf Jahren nicht abgehängt wird vom Azubi- und Personalmarkt.

Tipps fürs Azubi-Feedback-Gespräch

  • Feedbackgespräche während der Ausbildung helfen zu erfassen, wo die MFA-Auszubildenden gerade fachlich stehen. Aber auch, wie wohl sie sich im Team und im Beruf fühlen.
  • Wichtig: Solche Gespräche sollten nicht zwischen Tür und Angel, sondern in einem ruhigen Umfeld geführt werden. Entweder zwischen Azubi und Mentorin, oder Praxischefin/-chef und Azubi oder auch zwischen allen dreien.
  • Ein guter Rhythmus könnte ein Vorfühlen nach der ersten oder zweiten Woche in der Praxis sein. Und dann eine monatliche oder zweimonatliche kleine Gesprächsrunde.
  • Überlegen Sie sich vorab Themen, die Sie mit der Auszubildenden besprechen möchten. Lob und Kritik sollten an Beispielen festgemacht werden. Außerdem ist es wichtig, auch die Perspektive der Auszubildenden anzuhören und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.
  • Bieten Sie Raum und Zeit für Anregungen und Vorschläge der Auszubildenden.
  • Fragen, die im Gespräch helfen: Welche Aufgaben/Arbeiten haben Sie in den letzten Wochen umgesetzt? Wie läuft es mit der Einarbeitung? Was hat Spaß gemacht? Was hat keinen Spaß gemacht? Läuft es mit den Kollegen gut? Wo wünschen Sie sich mehr Unterstützung? Wie läuft es in der Berufsschule?

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