Praxismanagement
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Die Freiberuflichkeit bleibt vielen Nachwuchszahnärztinnen und -zahnärzten wichtig. Trotz weiterhin hoher Inflation und unklarer gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen entschieden sich viele Kollegen auch 2023 weiter für die Niederlassung. Eine Bankanalyse gibt Einblick in die Finanzierungssituation bei rund 450 zahnärztlichen Existenzgründungen.
Die Existenzgründung und damit der Weg in die freiberufliche Selbstständigkeit begeistert noch immer viele Nachwuchszahnärztinnen und -zahnärzte. Trotz der von der verfassten Vertragsärzteschaft auf der gesundheitspolitischen Ebene immer wieder adressierten Bedrohungen der vertragszahnärztlichen Versorgung durch die rasante Ausbreitung investorengeführter Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ), bestehender Bürokratiebelastung und Honorardeckelung, wie de facto bei der PAR-Strecke durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, sowie des zunehmenden Trends zur Anstellung lassen sich Zahnmediziner weiter nieder. Dabei müssen sie im Zeitvergleich immer mehr berappen, wie die jüngst veröffentlichte Auswertung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) zeigt. Die Standesbank hat die Daten der rund 450 im Jahr 2023 ihrerseits begleiteten Finanzierungen zahnärztlicher Existenzgründungen analysiert. Die Daten sind zwar nicht repräsentativ, aber sehr aussagekräftig.
In der vertragszahnärztlichen Versorgung in Deutschland dominieren immer noch die traditionell gewachsenen Einzelpraxen. Allerdings ist die Neugründung einer Einzelpraxis für Zahnärzte inzwischen weiter die teuerste Variante der Existenzgründung. Zuweilen auch der hohen Inflation geschuldet, so die apoBank, mussten die Gründer einer Einzelpraxis 2023 im Schnitt mit 770.000 Euro rund 15.000 Euro mehr berappen als 2022 – der Median lag bei 758.000 Euro. Der deutliche Löwenanteil entfiel dabei mit 672.000 Euro auf Investitionen in die Ausstattung, darunter medizinisch-technische Geräte sowie die IT. 98.000 Euro machten die Betriebsmittel aus. Wie ein Blick in die Zahlen verrät, entschieden sich auch nur 6 Prozent der zahnärztlichen Existenzgründer für die Neugründung einer Einzelpraxis – und verharrten damit auf dem Vorjahresniveau.
„Gerade diese wenigen Existenzgründerinnen und Existenzgründer, die komplett neu gründen, haben ganz individuelle Vorstellungen von ihrem zukünftigen Praxis-, Behandlungs- und Raumkonzept“, erklärt Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt & Beteiligungen. „Sie sind dann auch bereit, hohe Investitionen in Kauf zu nehmen. Hinzu kommt, dass die Praxisräumlichkeiten bei Neugründungen häufig sehr großzügig ausfallen, auch, um sich die zukünftige Möglichkeit einer Expansion, beispielsweise über angestellte Zahnärzte oder Zahnärztinnen, offen zu halten.“
Mit 64 Prozent (2022: 62 Prozent) dominierte 2023 beim Weg in die Niederlassung weiterhin die Übernahme einer bestehenden Einzelpraxis. Dafür zahlten die Zahnmediziner im Schnitt 463.000 Euro, wovon 247.000 Euro auf den reinen Kaufpreis entfielen, 158.000 Euro auf Investitionen, wie zum Beispiel Umbau- oder Modernisierungsmaßnahmen, und 58.000 Euro auf Betriebsmittel.
26 Prozent der zahnärztlichen Existenzgründer, die die apoBank begleitete, wählten 2023 den Weg in die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). 15 Prozent wählten dabei den Weg in die BAG-Neugründung, elf Prozent den der Übernahme oder des Beitritts. Der Schritt in die BAG könnte mit dem Gedanken verbunden sein, das unternehmerische Risiko als Freiberufler auf mehrere Schultern zu verteilen und Synergieeffekte bei der Bürokratie zu erlangen.
Der BAG-Einstieg respektive der -Beitritt schlug 2023 für die Existenzgründer im Schnitt mit 402.000 Euro zu Buche, wovon 321.000 Euro auf den Übernahmepreis und 61.000 Euro auf die Investitionen entfielen. Wer eine BAG übernahm, zahlte dafür im Schnitt 388.000 Euro, wobei sich der Übernahmepreis auf 261.000 Euro belief, die Summe der Investitionen mit durchschnittlich 92.000 Euro aber deutlich höher beliefen. Je zwei Prozent wählten als Existenzgründung die BAG-Neugründung respektive die Option MVZ oder sonstige Praxisform. Für statistische Zwecke reichte die Datenlage hier aber nicht aus, so die apoBank.
Wie jede Auswertung, so offenbart auch die aktuelle zahnärztliche Existenzgründungsanalyse der apoBank Ausreißer in beide Richtungen. So investierten insgesamt 58 Prozent der Gründer weniger als die durchschnittlichen 463.000 Euro in die Übernahme einer Einzelpraxis. 14 Prozent gaben demnach bis zu 200.000 Euro aus, 17 Prozent zwischen 201.000 und 300.000 Euro und 19 Prozent zwischen 301.000 Euro und 400.000 Euro. 35 Prozent investierten mehr als eine halbe Million Euro in die Übernahme einer Einzelpraxis, davon 13 Prozent zwischen 501.000 und 600.000 Euro und weitere 22 Prozent mehr als 600.000 Euro. Nur 15 Prozent bewegten sich im Finanzrahmen zwischen 401.000 und 500.000 Euro.
Auch wenn der Frauenanteil in den Reihen der Zahnmedizinstudenten kontinuierlich steigt, so wirkt sich das – wie in den vergangenen Jahren auch – nicht sehr auf das Geschlechterverhältnis bei der zahnärztlichen Existenzgründung aus. 2023 dominierten die Männer wieder leicht mit 52 Prozent – nach 47 Prozent im Vorjahreszeitraum. Deutliche Unterschiede offenbaren sich allerdings beim Blick in die getätigten Investitionsvolumina. Die von Zahnärztinnen getätigten Praxisinvestitionen waren im Schnitt rückläufig. So gaben sie laut Analyse für die klassische Praxisübernahme mit anschließender Einzelpraxisniederlassung 425.000 Euro aus – 2022 waren es noch 439.000 Euro.
Bei ihren männlichen Kollegen sind die durchschnittlichen Investitionen dagegen kontinuierlich weiter gestiegen und lagen 2023 bei 498.000 Euro – also rund 17 Prozent über dem Wert der zahnärztlichen Existenzgründerinnen. Dabei sind es nicht die Investitionen in Modernisierung, bei denen Zahnärztinnen zurückhaltender agieren – im Gegenteil, hier gaben sie mit durchschnittlich 162.000 Euro sogar etwas mehr aus als ihre männlichen Kollegen mit 154.000 Euro. Es ist vielmehr der Kaufpreis, der den Unterschied ausmacht: Frauen entscheiden sich bei ihrer Einzelpraxisniederlassung häufiger für günstigere Praxen und zahlten 2023 im Schnitt einen Übernahmepreis von 212.000 Euro – das sind 24 Prozent weniger als Zahnärzte mit 280.000 Euro.
„Ob Ärztin, Apothekerin oder Zahnärztin – wir beobachten in allen Heilberufsgruppen, dass Frauen bei den gezahlten Übernahmepreisen häufig zurückhaltender agieren. Sie kaufen meist kleinere Praxen bzw. Apotheken und starten lieber mit geringeren finanziellen Verbindlichkeiten“, erklärt Zehnich. Sie reagierten oft noch sensibler auf externe Rahmenbedingungen als ihre männlichen Kollegen. Gerade wenn beispielsweise gesundheitspolitische Entwicklungen den Praxisalltag erschwerten, könne es durchaus vorkommen, dass eine prinzipiell positive Einstellung zur Selbständigkeit ins Wanken komme, verdeutlicht der Bankmanager.
In einer zweiten Branchenanalyse untersuchte die apoBank das Praxisgeschehen von Zahnärzten im Vergleich zu Haus- und Facharztpraxen sowie Apotheken. An der Umfrage im Juli 2024 nahmen dafür aus jeder Zielgruppe 100 Personen teil.
Dabei stellte sich heraus, dass mit 47 Prozent die zahnärztlichen Praxisinhaber der Schuh im Vergleich mit den anderen Leistungserbringern am meisten drückt – in keiner anderen Gruppe war der Anteil der Personalsuchenden so hoch. Dafür brauchen sie aber mit im Schnitt sieben Monaten die geringste Zeit, um die vakante Stelle zu besetzen – in einzelnen Fällen kann sich die Suche jedoch bis zu drei Jahre hinziehen. Entsprechend sind es Zahnärzte, die mit 66 Prozent von allen Heilberufsgruppen am häufigsten Schwierigkeiten haben, neues und geeignetes Personal zu finden. Neun Prozent der befragten Praxen klagten über eine hohe Fluktuation in den Reihen des Personals. Immerhin 43 Prozent geben an, Schwierigkeiten zu haben, die Gehaltsvorstellungen des Personals zu erfüllen. 28 Prozent konstatieren, dass die Qualifikation des Personals hinter den gesteckten Erwartungen zurückliege. Letzteres spiegelt sich nicht zuletzt auch regelmäßig bei der jährlichen Suche nach neuen Auszubildenden zur Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) wider.
Im Schnitt versorgen die befragten Zahnarztpraxen 687 Patienten pro Quartal und nehmen 60 Neupatienten auf. 15 Prozent berichten von einem Annahmestopp bei Neupatienten. Wenn es um die Zeitorganisation im Praxisalltag geht, so geben die Praxen an, im Schnitt 68 Prozent für die Patientenbehandlung aufzuwenden. Der zweite große Block entfällt mit 16 Prozent auf die Bürokratie und Administration. Die Zeit, die sie sich die Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber für die Mitarbeiter nehmen, schätzen sie auf sechs Prozent, für die eigene Fortbildung vier Prozent und für die Entwicklung der Praxis bleibt ihnen mit drei Prozent auch nicht viel Zeit.
Die befragten Zahnärzte geben sich in der Erhebung durchaus kritisch, wenn es um die Betrachtung ihrer eigenen Praxis geht. So benannten sie, nach dem aus ihrer Wahrnehmung bestehenden Optimierungspotenzial für die eigene Praxis befragt, mit 82 Prozent an erster Stelle ihr Leistungsangebot. Ähnlich hoch ist der Wert mit 79 Prozent nur bei den Fachärzten.
69 Prozent der Zahnärzte sehen als zweite große Optimierungs-Baustelle die Digitalisierung der Praxis an, an dritter Stelle gefolgt mit 68 Prozent vom Umfang und der Qualität des Patientenstamms. 67 Prozent sehen Verbesserungspotenzial bei den patientenorientierten Abläufen und Prozessen im Versorgungsalltag der Praxis. 65 Prozent adressieren die Räumlichkeiten, Einrichtung und Ausstattung der Praxis, 63 Prozent die Organisation und Verwaltung im Hintergrund. 57 Prozent sehen Optimierungspotenzial bei der finanziellen und wirtschaftlichen, 48 Prozent bei der personellen Situation der Praxis. Ob und inwieweit sich der Rückgang der Inflation, die weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens sowie der gesundheitspolitische Kurs der neuen Bundesregierung auf das zahnärztliche Existenzgründungsgeschehen im Vergleich zur jüngsten Vergangenheit auswirken, werden frühestens die Zahlen der dann für 2025 und 2026 anstehenden Bank-Analysen zeigen.
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